Die Problemsituation
Ein Sonderfall erbrechtlicher Gestaltung ist der überschuldete Erbe. Hat ein Erbe, z.B. ein Kind Schulden und erbt er Vermögensgegenstände, so können diese von seinen Gläubigern z.B. gepfändet werden. Das will natürlich der Erblasser gerne verhindern.
In der Praxis werden verschiedene Lösungen der Gestaltung bei überschuldeten potentiellen Erben diskutiert. Zum einen wird auf § 2338 BGB hingewiesen, nach dem bei überschuldeten Abkömmlingen als Ausnahme von § 2306 Abs. 1 BGB unter den dort genannten Voraussetzungen die gesetzlichen Erben des Abkömmlings als Nacherben oder als Nachvermächtnisnehmer eingesetzt und ggf. nach § 2338 Abs. 1 S. 2 BGB Testamentsvollstreckung angeordnet werden können. Nach ganz h. M. gilt diese Vorschrift nicht gegenüber den Eltern und dem Ehegatten des Erblassers. Bei überschuldeten Ehegatten wird allerdings ebenfalls eine Kombination von § 2115 BGB (Anordnung der Nacherbfolge) mit § 2214 BGB (Anordnung der Testamentsvollstreckung) empfohlen. Außerdem wird teilweise noch die Zuwendung eines Nießbrauchsvermächtnisses an den Überschuldeten diskutiert, wobei die Gestaltung allerdings seit einer Entscheidung des BGH unsicher geworden ist.
Regelungsmöglichkeiten
Ähnlich wie bei dem sogenannten Behindertentestament wird als wohl wichtigste und in der Praxis wohl zuverlässigste Möglichkeit die Kombination des Vollstreckungsschutzes zugunsten des Nacherben nach § 2115 BGB und das Zugriffsverbot auf die der Testamentsvollstreckung unterliegende Nachlassgegenstände nach § 2214 BGB empfohlen.
Ein wichtiges Instrument der Vermögenslenkung durch erbrechtliche Verfügung ist die Einsetzung eines Vor- und eines Nacherben. Der Nacherbe ist nicht Erbe des Vorerben, sondern des Erblassers. Der Vorerbe ist deshalb zur Sicherung des Erbrechts des Nacherben in seiner Verfügungsmacht beschränkt. Dies hat auch erhebliche Konsequenzen für die Zugriffsmöglichkeiten der Gläubiger.
Bei der Vor- und Nacherbschaft wird der Vollstreckungsschutz durch § 2115 BGB ergänzt durch die Vorschriften der § 773 ZPO und § § 83 Abs. 2 Insolvenzordnung. Nach § 2115 BGB ist eine Verfügung über einen Erbschaftsgegenstand, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch Insolvenzverwalter erfolgt, im Falle des Eintritts der Nacherbfolge insoweit unwirksam, als sie das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen würde. Die Wirkung dieser Regelung liegt darin, dass die im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung begründeten Pfandrechte für die Dauer der Vorerbschaft wirksam sind. Die Rechtswirkungen sind wie im Fall des § 2113 BGB durch den Eintritt des Nacherbfalles auflösend bedingt und bleiben daher als vollwirksam bestehen, wenn der Nacherbfall ausfällt. Nach § 773 ZPO soll lediglich keine Veräußerung oder Beweissicherung im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgen. Die Vorschrift verbietet damit die Zwangsvollstreckung von Eigengläubigern des Vorerben in den Nachlass nicht allgemein, sondern in Bezug auf Nachlassgegenstände nur die Veräußerung. Im Übrigen steht der Nachlass, der bis zum Eintritt des Nacherbfalles allein dem Vorerben zusteht, den Zugriff seiner Gläubiger im Wege der Zwangsvollstreckung offen. Zulässig sind danach bloß sichernde Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, deren Beseitigung der Nacherbe bei Eintritt der Nacherbfolge verlangen kann.
Wird über einen Erbschaftsgegenstand, der der Nacherbfolge unterliegt, im Wege der Zwangsvollstreckung oder sonst im Sinne von § 2115 S. 1 BGB verfügt, dann wird diese Verfügung bei Eintritt der Nacherbfolge im Grundsatz ganz oder teilweise unwirksam, sofern und soweit das Recht des oder der Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen würde. Dementsprechend ordnet § 773 S. 1 ZPO an, dass ein solcher Gegenstand im Wege der Zwangsvollstreckung nicht veräußert oder überwiesen werden soll, wenn diese Verfügung im Nacherbfall unwirksam würde. Der Nacherbe kann seine Rechte nach Maßgabe des § 771 ZPO mit der Widerspruchsklage wahren. § 773 ZPO begründet daher ein bereits vor dem Nacherbfall vorgezogenes Verwertungsverbot.
Denkbar ist auch die Lösung, die überschuldeten Person nicht zum Erben einzusetzen, sondern andere Personen als Erben einzusetzen (z.B. dessen Kinder) und den Überschuldeten nur mit bestimmten Vermögensgegenständen vermächtnisweise zu bedenken, die nicht pfändbar sind (z. B. dingliches Wohnungsrecht nach § 1093 BGB, sofern die Überlassung seiner Ausübungsbefugnis nicht ausdrücklich gestattet ist).